Als ich entdeckte, dass Hände Chaos ordnen können
- Diana Werner

- 2 days ago
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Der Ursprung meiner Berufung als manuelle Therapeutin

Ich war dreizehn Jahre alt, als meine Mutter eine Entscheidung traf, die mein Leben, ohne dass ich es damals verstand, tiefgreifend veränderte. Ich befand mich in einer schwierigen Jugendphase. Intensive Emotionen, starke Stimmungsschwankungen, Tage, an denen sich mein eigener Körper fremd anfühlte, und andere, an denen mir die Worte fehlten, um auszudrücken, was in mir vorging.
Anstatt mich zu korrigieren oder zu beruhigen, folgte meine Mutter ihrer Intuition, jener feinen, mütterlichen Wahrnehmung, die den Körper eines Kindes oft besser versteht als jede Erklärung. Sie schickte mich regelmäßig zu Massagen bei Nancy, einer manuellen Therapeutin mit ruhigem Blick und sicheren, präsenten Händen.
Es war kein einmaliges Erlebnis. Ich ging regelmäßig, fast wie in ein stilles Ritual, ohne zu ahnen, dass ich mir gerade einen inneren Zufluchtsort aufbaute.
An meine erste Sitzung erinnere ich mich noch sehr genau. Ich wusste nicht, was mich erwartete. Ich verstand nicht, wie Berührung die Seele verändern konnte, doch genau das geschah.
In dieser besonderen Atmosphäre mit sanfter Musik, warmem Licht und feinen Düften, die den Raum erfüllten, begann ich zum ersten Mal zu begreifen, dass meine Sinne eine eigene Sprache haben.
Berührung, Temperatur, Klänge und Gerüche konnten meine inneren Zustände beeinflussen, mich in tiefe Ruhe führen oder eine stille Neugier in mir wecken. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass Nancy meinen Körper lesen konnte. Sie nahm wahr, wo sich Schmerz, Angst oder innere Unruhe festgesetzt hatten, und mit ihren Händen konnte sie mir Ruhe, Mitgefühl und ein tiefes Gefühl von Verstandenwerden vermitteln.
Diese Erfahrung war für mich zutiefst prägend. Zu spüren, dass jemand meine Emotionen über meinen Körper erkennen und mir ohne Worte Sicherheit geben konnte, formte in mir früh den Wunsch, genau diese Qualität eines Tages selbst weiterzugeben.
Ich verstand, ohne es damals benennen zu können, dass der Körper nicht nur reagiert, sondern antwortet, erinnert und sich ausdrückt.
Jede Sitzung war eine kleine Reise. Manchmal in die Ruhe, manchmal in die Tränen, manchmal in einen Frieden, den ich zuvor nicht gekannt hatte.
Es war nicht einfach Entspannung. Es war Wohlbefinden, Stabilität und Präsenz.
Erst Jahre später lernte ich, all dem einen wissenschaftlichen Namen zu geben. Die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems, das Gefühl von Sicherheit, emotionale Regulation durch therapeutische Berührung, die Reduktion von Stresshormonen, die Ausschüttung von Endorphinen und die Rückverbindung zum eigenen Körperbild.
Mit dreizehn wusste ich nur eines. Ich ging anders hinaus, als ich hineingegangen war. Verbunden. Ausgeglichen. Atmend. Ich selbst.
Dort entzündete sich die erste Flamme. Die Faszination dafür, dass der Körper eine Brücke sein kann, eine Sprache, ein Werkzeug, um inneres Chaos zu ordnen.
Im Laufe der Jahre wurde mein Ansatz therapeutischer, klinischer und evidenzbasierter. Ich bildete mich in Bereichen weiter, von denen ich als Jugendliche nichts ahnte. Narbenarbeit, Verklebungen, manuelle Lymphdrainage, myofasziales Gewebe, Neurophysiologie von Schmerz und Stress sowie die Regulation des Nervensystems.
Doch die Essenz, das ursprüngliche Feuer, ist bis heute dasselbe geblieben.
Anderen das weiterzugeben, was ich selbst erfahren durfte. Die Kraft, über den Körper Ruhe, Bewusstsein und innere Orientierung zu finden.
Warum ich das heute erzähle
Eine Botschaft an Eltern
Die Pubertät ist nicht nur ein hormoneller Sturm. Sie ist eine Phase tiefgreifender neurologischer Umstrukturierung. Das Gehirn verändert sich, Emotionen werden intensiver, und der Körper entwickelt sich oft schneller, als der Geist folgen kann.
Viele Jugendliche haben noch keine Sprache für ihre Gefühle. Sie wissen nicht, woher ihre innere Unruhe kommt. Sie kennen die Grenzen ihres Körpers nicht. Sie sind von Atmung und Körperwahrnehmung abgeschnitten.
Manuelle Therapie, achtsam, professionell und therapeutisch angewendet, kann einen nicht invasiven, wortlosen und zutiefst menschlichen Raum bieten, in dem Jugendliche lernen können, Gefühle wahrzunehmen und zu benennen, den eigenen Körper sicher zu spüren, Stress, Überforderung und innere Spannung zu regulieren, besser zu schlafen, Selbstwahrnehmung und innere Ruhe zu entwickeln und eine gesunde Verbindung zwischen Körper und Emotionen aufzubauen.
Eine Einladung
Wenn Ihr Sohn oder Ihre Tochter diese intensive Lebensphase durchlebt, wie es fast alle Jugendlichen tun, möchte ich genau jenen Raum anbieten, der mein eigenes Leben verändert hat.
Einen geschützten, ruhigen und professionellen Raum, in dem die Sinne Teil des Prozesses sind. Berührung, Duft, Musik und Licht arbeiten zusammen, damit der Körper sprechen darf und der Geist zuhören kann.
Ein Raum zum Atmen, Spüren, Loslassen und Sich selbst verstehen.
Damit der Körper nicht zum Schlachtfeld wird, sondern zum Verbündeten.
Denn manchmal brauchen Jugendliche weniger Worte und mehr die Möglichkeit, zu hören, was ihr eigener Körper ihnen sagen möchte.
Und vielleicht kann, so wie bei mir, aus einem einfachen therapeutischen Ritual eine tiefgreifende Veränderung entstehen.
Ein Dank aus tiefstem Herzen
Auch wenn meine Mutter heute nicht mehr bei mir ist, weiß ich, dass ihre Intuition eines der größten Geschenke meines Lebens war.
Ein Geschenk des inneren Wissens, des Körperbewusstseins und des emotionalen Verstehens und letztlich einer Berufung.
Dank ihr habe ich nicht nur Wohlbefinden erfahren, sondern einen Sinn gefunden. Eine Art, in der Welt zu sein. Zu geben, zu begleiten und Menschen dabei zu helfen, meine Praxis mit einem harmonischeren Blick auf das Leben zu verlassen, mit mehr inneren Ressourcen, um diese Existenz bewusster und schöner zu erleben.
Danke, Mama.


